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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: 26 U 70/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

BGB § 634
BGB § 631 a.F.
BGB § 633 a.F.
BGB § 635 a.F.
BGB § 634 Abs. 1 Satz 3 a.F.
BGB § 634 Abs. 1 Satz 1 a.F.
ZPO § 91
ZPO § 344
ZPO § 183
ZPO § 182
ZPO § 713
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 511 a.F.
ZPO § 519 a.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 1 a.F.
EGZPO § 26 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 26 U 70/01

Verkündet am: 23. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 26. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2000 durch den Richter am Landgericht von Gélieu als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Januar 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 7 O 185/99 - geändert:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 9. Juli 1999 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,-- EUR nicht.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 511 ZPO a.F. statthafte und gem. §§ 516, 518, 519 ZPO a.F. form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung des Beklagten ist zulässig.

Sie führt im Ergebnis zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Der Klägerin steht ein sich aus § 631 a.F. BGB ergebender Werklohnanspruch gegen den Beklagten zu, da dieser nach § 634 BGB auf Null zu mindern ist.

Die von der Klägerin im Jahre 1997 in den Galerieräumen des Beklagten erbrachten Estricharbeiten sind mangelhaft und unbrauchbar.

Nach dem im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens 4 OH 3/98 des Landgerichts Berlin eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. M weist der Estrich Risse auf und ist entgegen den Regeln der Technik von der Klägerin aufgebracht worden. Der Umstand, dass bei Eröffnung der Galerie für den Besucherverkehr durch den Beklagten der Estrich möglicherweise noch nicht völlig ausgehärtet war, stellt nach den Ausführungen des Sachverständigen allenfalls eine nachrangige Ursache der vorgefundenen Rissbildungen dar.

Die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sind von der Klägerin nicht angegriffen worden. Sie hat sich unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils vorrangig darauf gestützt, dem Beklagten gegenüber vor Ausführung ihrer Arbeiten angezeigt zu haben, dass der vorgefundene Untergrund mangelhaft sei. Darüber hinaus sei sie nicht gehalten gewesen, den Vorgaben des vom Beklagten eingeschalteten Privatgutachters Dr.-Ing. W der einen Ausgleich des vorgefundenen Zementestrichs durch den von ihr aufzubringenden Hartestrich für ausreichend angesehen habe, entgegenzutreten.

Unstreitig hat die Klägerin vor Ausführung ihrer Arbeiten Bedenken gegen die Qualität des vorgefundenen, von dritter Seite hergestellten Zementestrichs angemeldet. Diese Bedenkenanmeldung führt jedoch nicht dazu, dass sie die vom Sachverständigen Dr. F im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel des gesamten Estrichaufbaus nicht zu vertreten hat.

Die Klägerin kann sich, entgegen der vom Vorderrichter geäußerten Auffassung nicht darauf berufen, dass sie den Angaben des vom Beklagten eingeschalteten Privatgutachters habe vertrauen und diese als, Anweisung des Beklagten habe verstehen müssen. Anhaltspunkte, aus denen sich eine besondere, Kenntnisse der Klägerin übersteigende besondere Sachkunde des Privatgutachters ergeben, sind nicht ersichtlich. Für die Tätigkeit als allgemeiner Bausachverständiger ist, anders als für eine öffentliche Bestellung und Vereidigung, eine besondere Sach- und Fachkunde für bestimmte Bauleistungen nicht erforderlich. Die Tätigkeit als allgemeiner Sachverständiger unterliegt keinen gesetzlichen Regelungen. Wie der Unternehmer gehalten ist, bei entsprechender Fachkunde selbst bei als fehlerhaft erkannten Anweisungen von Sonderfachleuten gegenüber dem Auftraggeber zu remonstrieren (vgl. Ingenstau/Korbion-Oppler, VOB, 14. Aufl., Rdnr. 254 zu § 4 VOB/B), hat er dies auch gegenüber eingeschalteten allgemeinen Fachleuten zu tun. Er darf insbesondere nicht darauf vertrauen, dass ein Architekt oder Bauingenieur grundsätzlich fehlerfrei arbeitet. Ausweislich des als Anlage BB6 in Fotokopie eingereichten Schreibens der Klägerin vom 14. November 1997 war dieser auch positiv bekannt, dass die Untersuchungen des vom Beklagten eingeschalteten Privatgutachters unzureichend waren.

Die Klägerin durfte das Privatgutachten Dr. W entgegen des Auffassung des Landgerichts auch nicht als in Vollmacht des Beklagten ergangene Anweisung ansehen. Eine Vollmacht des Privatgutachters ist unstreitig gegenüber der Klägerin nicht kundgetan worden. Wenn eine Partei eines Werkvertrages einen Gutachter einschaltet, kann aber auch nicht vermutet werden, dass dieser bevollmächtigt sein soll, seine Feststellungen in unmittelbare Handlungsanweisungen umzusetzen.

Zudem ergibt sich schon aus dem Privatgutachten Dr. W, dass die Gesamtstärke des Estrichs 60 mm hätte betragen müssen, während diese Mindestdicke nach dem Gutachten Dr. nicht allgemein erreicht worden ist. Schon insoweit liegt ein selbständiger Ausführungsmangel vor.

Der Werklohn der Klägerin ist im Hinblick auf die im selbständigen Beweisverfahren bestätigten und nach den vorstehenden Ausführungen von der Klägerin auch (mit) zu vertretenden Mängeln des Estrichs nach § 634 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. auf Null zu mindern, da die Leistung der Klägerin für den Beklagten unbrauchbar war. Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass der Beklagte ihre Leistung durch Ingebrauchnahme abgenommen hat. Er hat die Galerie eröffnet, ohne zuvor einen Vorbehalt bezüglich der Abnahme anzuzeigen. Darin liegt für die Klägerin erkennbar die Erklärung, die Leistung als vertragsgerecht zu akzeptieren.

Mit dem als Anlage BB1 eingereichten Schreiben vom 12. April 2000 hat der Beklagte allerdings die Rissbildung im Estrich als Mangel i.S.v. § 633 BGB a.F. gerügt und zugleich eine Frist gem. § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. gesetzt, nach deren Ablauf er die Mangelbeseitigung ablehne und die Rechte aus §§ 634, 635 BGB a.F. geltend machen werde. Die Klägerin hat unstreitig innerhalb dieser Frist keine Mangelbeseitigungsarbeiten erbracht, zu denen sie sich im Übrigen nicht verpflichtet sieht. Damit liegen die formellen Voraussetzungen für eine Minderung der Vergütung vor.

Die Vergütung der Klägerin ist auf Null mit der Folge zu mindern, dass ihr ein Werklohnanspruch nicht zusteht. Ihre Leistung war für den Beklagten insgesamt unbrauchbar. Die vorgefundenen Mängel hätten einen völligen Austausch und Neueinbau des Estrichs einschließlich des von der Klägerin geschuldeten Hartestrichs erfordert, dieser war auch nicht für sich genommen mangelfrei.

Der Klägerin war die beantragte Erklärungsfrist auf den Schriftsatz des Beklagten vom 27. Dezember 2001 nicht zu gewähren. Selbst wenn unterstellt werden kann, dass während der Weihnachtsfeiertage, des Jahreswechsels, mit dem darüber hinaus ein Wechsel der Währung verbunden war, und der Schulferien im Land Berlin eine Besprechung mit der Mandantschaft nicht durchgeführt werden musste, bestand jedenfalls zwischen dem 7. Januar 2002 und dem Terminstag genügend Zeit, um auf den genannten Schriftsatz des Beklagten zumindest eingeschränkt zu erwidern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, wobei § 344 ZPO keine Anwendung finden konnte, da das Versäumnisurteil mangels ordnungsgemäßer Zustellung der Klageschrift nach §§ 183, 182 ZPO, nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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